Soziale Phobie

Eckdaten:

Subtypen DSM IV: generalisierte soziale Phobie und spezifische soziale Phobie

Lebenszeitprävalenz 13 %; dritthäufigste psych. Störung nach Alkohol und Depression,

Frauen 1,5x häufiger. Beginn Pubertät (generalisiert), junges Erwachsenenalter (spezifisch).

Lebenszeitkomorbidität 80%: Angst, Depression + Substanzmissbrauch oft als Folge.

DD: vermeidend-selbstunsichere PS bei 80% der generalisierten Sozialphobiker, d.h. große Überlappung. Bei beiden Diagnosen früher Beginn, chronischer Verlauf, starke Beeinträchtigungen und hohe Komorbidität mit anderen Störungen (v.a. Depression).

Vermeidend-selbstunsichere PS diagnostizieren bei hoher Generalisierung, auch soz. Beziehungen betreffend und starkem neg. Selbstwertgefühl.

DD: Rückzugsverhalten innerhalb einer depressiven Phase, Panik: worauf beziehen sich die Befürchtungen?, GAS: breites Spektrum, körperdysmorphe Störung, psychotische Störung, Substanzmissbrauch (soziale Angst wegen Trinken), organische Angstursachen.

Fragebögen: SPAI (Social Phobia and Anxiety Inventory), SPS (Soziale Phobie-Skala) und SIAS (Soziale Interaktions-Angst-Skala)

Besonderheit: Trotz häufiger Exposition im Alltag keine Habituation

Ätiologie

Kognitives Modell von Clark & Wells:

Aufrechterhaltende Faktoren:

Erwartung zu schwitzen => Aufmerksamkeit => Empfindungen => bildliche

Vorstellung =>Angst => Schwitzen

=> einzelne Komponenten wurden empirisch bestätigt

Außerdem spielen eine Rolle: Vulnerabilität, sozial traumatisierende Erlebnisse + „preparedeness“ (Lerntheorien), soziale Kompetenzdefizite und andere.

Behandlungsmodell Stangier:

Einzel oder Gruppe

1) Erklärungsmodell

2) Vorbereitung auf Exposition: Verhaltensexperimente im Rollenspiel

Sicherheitsverhalten explorieren, Sicherheitsverhalten und Aufmerksamkeit in 3 Rollenspielen variieren und Gefühl raten; Videofeedback

3) Verhaltensexperimente: Operationalisierung der Befürchtungen, Aufsuchen krit. Situationen (therapeutenbegleitet), „peinliches Verhalten“ zeigen, Umweltreaktionen beobachten/erfragen; selbstgeleitete Expositionen

4) Kognitive Umstrukturierung: Veränderung automatischer Gedanken antizipatorischer Angst, nachträglicher Verarbeitung, automatischer Gedanken in Situationen, kognitive Umstrukturierung dysfunktionaler Grundüberzeugungen

5) Rückfallprophylaxe: Therapieevaluation, Rückmeldung von Fortschritten, Festlegung von Zielen für die weitere, selbstkontrollierte Arbeit

Wirksamkeit: Effektstärken 1.50-2.50 (Behandlungsmanual Stangier), d.h. erfolgreich, v.a. in Katamnese, deutlich überlegen anderen Therapien + SSRI überlegen

Pharmakotherapie: SSRI z.B, Paroxetin am wirksamsten, evtl. vergleichbar mit kogn. VT, hohe Rückfallquote bei Absetzen, aber kaum Studien

Schwierigkeiten: Kognitive Umstrukturierung wichtig, nur Expo reich nicht aus wegen verzerrter nachträglicher Verarbeitung und selbsterfüllende Prophezeiungen. Schwierig ist Realitätsüberprüfung: viel Interpretationsspielraum bei Reaktionen von Anderen. Nicht in die Rolle kommen, dem Patienten etwas beweisen/widerlegen zu wollen.

Behandlung komorbider Störungen kann sehr schwierig sein, z.B. wegen gegenseitiger Aufschaukelung von Angstsymptomen bei anderen Ängsten.